Brahmavihara
Brahma sind die höchsten Götter dieses Daseins. Sie ruhen in Zuständen grossen Glücks und Frieden, nämlich in den Zuständen von
Liebevoller Güte (Metta)
Mitgefühl (Karuna)
Mitfreude (Mudita)
und Gleichmut (Upekkha)
Vihara bedeutet «Ort des Verweilens»
Upekkha – Gleichmut
Ein Berg versinnbildlicht Gleichmut, er steht einfach da, ganz gleich, ob die Sonne auf ihn scheint, Regen fällt, Schnee ihn bedeckt oder der Blitz in ihn einschlägt. Was tut der Berg? Er bleibt unbewegt.
Wie kann ein menschliches Herz – mein Herz oder Ihr Herz – die pausenlosen Gegensätze von Freude und Schmerzen des Lebens aufnehmen, ohne sich zersplittert zu fühlen und meinen, das alles sei nicht zu ertragen? Kann es für uns inmitten all dieser ungeheuren Veränderungen, die unablässig in unserem Leben geschehen, wirklich Freiheit geben? Können wir in diesem endlosen Entstehen und Vergehen wirklich glücklich sein?
Denken sie an ihre tiefsten Hoffnungen, an das, was sie in diesem Leben mehr als alles andere wünschen. Manchmal ist es recht schwierig zu wissen, was das Beste wäre. Können wir es erreichen, in dem wir versuchen, den ständigen Wandel der Bedingungen zu kontrollieren? Oder erreichen wir es, indem wir lernen loszulassen. Gleichmut üben bedeutet, sehr eindringlich zu lernen, was Loslassen bedeutet.
Gleichmut ist die Ruhe des Geistes, eine leuchtende Stille, dank derer wir ungeachtet aller wechselnden Erfahrungen, die unsere Welt und unser Leben ausmachen, stets in der Gegenwart bleiben können.
Wenn wir unsere Erfahrungen aufmerksam betrachten, erkennen wir, dass der Wandel etwas Fundamentales ist. Alles bewegt sich rhythmisch, vibrierend und pulsierend. Dies zeigt sich in den Planeten, den Gezeiten, den Jahreszeiten, den Pflanzen, dem Zyklus von Tag und Nacht, in allem auf der Welt und natürlich in unseren eigenen körperlichen Vorgängen.
Wir betrachten unser Leben, und sehen Abläufe von Fluss und Bewegung. Denken Sie einen Augenblick darüber nach, welche Abfolge von Ereignissen Sie an den Ort gebracht hat, an dem Sie jetzt diese Zeilen lesen. Zu diesem Moment und dieser Handlung haben Sie viele verschiedene, dem Wandel unterworfene Ereignisse und Erfahrungen geführt. Einige mögen Ihnen, als sie geschahen, äusserst ungünstig vorgekommen sein, und doch spielten sie eine Rolle in den aufeinanderfolgenden Ereignissen, die Sie hierher brachten. Das heisst, unser Leben ist in Wirklichkeit eine unablässige Kette von Veränderungen und Ereignissen. Es ist wie ein Mosaik, es hat ein Muster. Jede Erfahrung wirkt in der Gestaltung des Ganzen mit, und wenn wir einen Schritt zurücktreten, erkennen wir Harmonie.
Die Kraft des Gleichmuts liegt in der Verbindung von Wissen und Vertrauen. Sie basiert auf dem Wissen, dass die Konflikte und Enttäuschungen, die wir erleben, wenn wir die Welt nicht kontrollieren können, nicht Folge unseres persönlichen Unvermögens sind, sondern der Tatsache, dass wir das Unkontrollierbare zu kontrollieren versuchen. Wir sind klug genug, nicht versuchen zu wollen, den Wechsel der Jahreszeiten oder das Nahen der Flut aufzuhalten. Auf Herbst folgt Winter. Das mag uns nicht gefallen, aber wir verlassen uns darauf, weil wir wissen und akzeptieren, dass dieser Wandel in einem umfassenden Zyklus, einem grösseren Bild, seinen angemessenen Platz hat. Können wir mit ebenso viel Weisheit hinnehmen, dass sich die Zyklen und Gezeiten der angenehmen, unangenehmen und neutralen Erfahrungen unseres Lebens die Waage halten?
Gleichmut gibt der Liebenden Güte, dem Mitgefühl und der Mitfreude ihre Geduld, jene Fähigkeit zu Kontinuität und Beharrlichkeit, selbst wenn die Liebe, Zuneigung oder Freude nicht erwidert werden. Die anderen Brahmaviharas verdanken ihre Grenzenlosigkeit dem Gleichmut, dieser Fähigkeit, alle Lebewesen unterschiedslos gern zu haben.
Dies kann durch das Wiederholen von Sätzen geschehen, wie:
«Alle Wesen sind die Erben ihres Karma. Ihr Glück und Unglück ist Folge ihrer Taten und nicht dessen, was ich ihnen wünsche.»
«Mögen wir alle Dinge akzeptieren wie sie sind.»
«Möge das Kommen und Gehen der Geschehnisse uns nicht berühren.»
«Ich kümmere mich um dich, aber ich kann dich nicht vor Leid bewahren.»
«Ich wünsche dir Glück, aber ich kann keine Entscheidungen für dich treffen.»
Mit Gleichmut – strahlende Ruhe und ein unerschütterliches geistiges Gleichgewicht – sind wir wie die Erde. Alles mögliche wird auf die Erde geworfen: Schönes und Hässliches, Furchterregendes und Liebenswertes, Gewöhnliches und Aussergewöhnliches.
Im Zustand des Friedens können wir alles akzeptieren, wie es ist.
Gebet des heiligen Franziskus:
«Möge ich die Kraft haben, die Dinge zu verändern, die ich verändern kann, die Geduld, zu akzeptieren, was ich nicht ändern kann, und die Weisheit, den Unterschied zwischen beidem zu erkennen.»
Die Brahmavihāra – Die vier Herzqualitäten: Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut – sind ein Geschenk, und die Möglichkeit, sie auszuüben, ist ein Vermächtnis des Buddha. Wenn wir diesem Weg folgen, lernen wir, heilsame Eigenschaften zu fördern und unheilsame loszulassen.
Vielen Dank und seid Achtsam!
Quelle:
Metta Meditation von Sharon Salzberg
Foto:
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